Zeitzeugengespräch

Am 13.02.2023 besuchte Alexander Richter-Kariger unsere Schule und erzählte von seinem bewegten Leben in der ehemaligen DDR.
Begleitet wurde er von Dr. Frank Hoffmann von der Ruhr-Universität Bochum, dessen Institut für Deutschlandforschung das Zeitzeugen-Projekt wissenschaftlich begleitet.
1949, im Jahr der Gründung beider deutscher Staaten geboren, wuchs Alexander Richter in der DDR auf.
Im Jugendalter begann er, das System kritisch zu hinterfragen.
Allein der Umstand, dass „Jugendliche in Zeiten der Beatles und Rolling Stones Rockmusik hörten, Jungen lange Haare trugen, die Mädchen Miniröcke anzogen“ - all dies seien für "die Partei" Anzeichen der Auflehnung und des unerwünschten Konsums des feindlichen kapitalistischen Westens gewesen, erzählte er.
Als junger Mann schickte Alexander Richter, dessen große Leidenschaft das Schreiben war, Briefe an eine Freundin in Westdeutschland. Darin inbegriffen, die Teile eines Manuskriptes zu einem Roman, in dem das SED-Regime als Unrechtsstaat entlarvt wurde.
Die Stasi war Alexander Richter zu diesem Zeitpunkt schon auf der Spur. Drei Jahre wurde er bespitzelt - seine Wohnung ist zu diesem Zeitpunkt „verwanzt“, er wird belauscht - ehe er 1982 auf offener Straße verhaftet und ins Zuchthaus gebracht wurde. Nach 11 Monaten U-Haft wurde er wegen "staatsfeindlicher Hetze" zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Zweieinhalb Jahre später kam er im Rahmen der Häftlingsfreikäufe zwischen der BRD und DDR vorzeitig aus der Haft.
Obwohl froh, endlich raus aus der DDR zu sein: Die Integration als Ostdeutscher in der "alten" BRD empfindet er als sehr schwer. Alles anders, fremd; zumindest sprachliche Barrieren habe er nicht gehabt, erklärt er.
Heute lebt Alexander Richter mit seiner Frau ins Emsdetten und besucht regelmäßig Schulen als Zeitzeuge, um junge Leute zu sensibilisieren und Geschichte erfahrbar zu machen.
Für die Abiturientinnen und Abiturienten ist es eine wichtige Möglichkeit, deutsche Geschichte aus erster Hand zu hören.
Es entstand ein reges Gespräch mit vielen interessanten Fragen und Antworten.
Was ins Bewusstsein gerufen wird, ist die Verantwortung aller, die Privilegien, die wir in unserer Demokratie heute genießen, zu schätzen und zu schützen.
Vergessen dürfen wir nicht, sondern aus der Vergangenheit lernen, ein Geschichtsbewusstsein zu entwickeln, um unsere Gegenwart und die Zukunft zu gestalten.